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Bloody stubborn Part 4

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Thyme-Sprite's avatar
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    Stille Lektionen

 

    Leere. Seit Tagen war da nichts als Leere und wenn Tess ehrlich war, dann wollte sie auch gar nichts anderes. Würde sie irgendetwas außer dieser Leere zulassen, so würde sie dieses Gefühl vollkommen überschwemmen. Mutter war tot… Stur drückte sie ihr Gesicht in das rote Kissen ihres Bettes, wild entschlossen, die Tränen zurückzudrängen und wieder einmal gelang es ihr.

 

    Bis gestern hatte sie sich wenigstens damit ablenken können, alle Vorbereitungen für die Einäscherung und Beisetzung ihrer Mutter, Leandra Hawke, treffen zu können…aber jetzt war nicht einmal mehr das da. Das Haus war vollkommen still, selbst dann, wenn sie lauschte und etwas zu hören versuchte, wie im Moment. Ihr Hausdiener Bodahn schwieg und sprach nur das Allernötigste, er huschte still durch die Gänge und jedes Mal, wenn Tess ihn doch sah, so selten das auch geworden war in den letzten Tagen, dann fielen ihr immer sofort seine Augen auf. Er weinte jeden Tag um ihre Mutter, sie wusste es.

 

    Sandal verstand vielleicht gar nicht, was um ihn herum geschah, aber selbst ihm hatten die Geschehnisse und die gedrückte Stimmung das dümmliche wie auch irgendwie liebenswerte Grinsen aus dem Gesicht gewischt. Wütend ballte Tess die Fäuste mit solcher Grobheit, dass sich ihre Fingernägel schmerzhaft in ihre Handflächen bohrten, aber der Schmerz tat gut. Es war etwas, das sie beherrschen und zurückdrängen konnte du genau das tat sie…sie versuchte es zumindest, aber sie scheiterte. Wie so oft scheiterte sie nun wieder.

 

    Wäre sie vor vier Tagen nur etwas schneller gewesen… Schnaubend und wütend auf sich selbst drehte sie sich auf ihrem Bett auf den Rücken, denn sie wusste nur zu gut, dass sie nichts für ihre Mutter hätte tun können, nicht das Geringste. Dennoch wurde ihr Hals eng und ihre Augen brannten, als sie sich erneut den Vorwürfen stellte, die niemand erhob außer ihr selbst. Aber verdammt, sie war für ihre Mutter verantwortlich gewesen!

 

    Zornig und enttäuscht von sich selbst, verletzt, biss Tess sich fest in ihre eigene Faust um ein Schluchzen zu ersticken, das sie auf keinen Fall entkommen lassen wollte. Allerdings schaffte es dieser neue Schmerz wiederum nicht, sie von dem Verlust abzulenken und ihre Augen füllten sich mit Tränen…

 

    „Nein, Bodahn!“, hörte sie in diesem Moment eine nur zu vertraute Stimme, „Sie ist seit Tagen nicht herausgekommen, ich werde nicht gehen!“

 

    Tess bewunderte und verfluchte Anders gleichermaßen für seine Fürsorge. Schon hörte sie seine Schritte die Treppe hochkommen und wischte sich hastig über ihre Augen, sich der Tatsache bewusst, dass sie geschwollen und gerötet waren, er würde es also auf alle Fälle sehen, würde wissen, dass sie geweint hatte. Und so, wie sie ihn kannte, würde er versuchen, sie zu trösten, aber das konnte sie nicht gebrauchen. Wenn sie sich erlauben sollte, diesen Trost anzunehmen…sie würde zusammenbrechen, sie wusste es.

 

    „Hawke?“, erklang Anders‘ sanfte Stimme vor ihrer Tür und er klopfte auch ebenso vorsichtig, „Tess, lass mich rein, bitte.“

 

    Obwohl er es nicht sehen konnte, schüttelte sie vehement den Kopf, denn ihn konnte sie jetzt wirklich nicht gebrauchen…obwohl sie wusste, dass sie ihn brauchte. Verdammt, es ergab keinen Sinn, aber sie wollte ihn nicht sehen, zumindest das wusste sie.

 

    „Tess?“, fragte er unruhig nach, „Wenn du die Tür nicht aufmachst, komme ich rein.“

 

    Sie setzte sich auf dem Bett auf und schwang die Beine hinaus, erhob sich aber nicht und sie gab auch keine Antwort.

 

    „Tess?“, hakte Anders nochmal nach, diesmal bereits deutlich schärfer, doch sie schwieg beharrlich. Daraufhin hörte sie ihn leise fluchen und dann riss er die Tür auf. Aus dem Augenwinkel sah sie ihn in ihr Zimmer stolpern, aber sie hob den Kopf nicht. Er war das erste Mal hier, aber er sah sich nicht um, sondern richtete seine Augen nur auf sie, sodass sie sich schon unwohl fühlte, da sprach Anders: „Was kann ich tun?“

 

    „Geh.“, antwortete sie daraufhin, erkannte aber, wie er den Kopf schüttelte: „Nein, Sweetheart, sicher nicht. Du kannst nicht noch länger allein sein. Seit drei Tagen lässt du dich von Bodahn entschuldigen, gehst nicht mehr vor die Tür und keiner weiß, wie es um dich steht. Schlecht, so viel weiß ich, aber bitte, es muss doch irgendetwas geben…?“

 

    „Geh.“, wiederholte Tess bloß, diesmal mit schneidender, kalter Schärfe in ihrer Stimme und sie sah Anders leicht zusammenzucken, aber er blieb, wo er war.

 

    „Vergiss es.“, brummte er und trat näher, was Tess‘ Geduldsfaden reißen ließ. Wütend sprang sie auf ihre Füße und starrte Anders zornesfunkelnd an, doch als er unbeirrt näherkam, stieß sie ihn mit Force-Magie von sich.

 

    Sichtlich schockiert starrte Anders sie von der Tür her an, wohin sie ihn brutal zurückgeworfen hatte. Für einen langen Moment sahen sie sich einfach in die Augen, dunkles Grau in warmes Braun, bis Anders leise murmelte: „Tess…“

 

    „Geh.“, forderte sie ihn auf und starrte ihn in Grund und Boden. Der Freund atmete tief durch, dann wandte er den Blick ab und erhob sich. Bereits auf halbem Weg durch die Tür drehte er sich noch einmal um und blickte sie traurig an, wobei er sagte: „Du kannst das nicht allein und das ist in Ordnung, es gibt nichts Schlimmeres als seine Mutter zu verlieren, ich weiß es. Also, wenn du…mich brauchst, werde ich da sein, Sweetheart. Nur ein Wort von dir, das genügt.“

 

    Damit ging er und als die Tür ins Schloss fiel, starrte Tess diese an, so lange, bis sie hörte, wie Anders sich von ihrem Hausdiener verabschiedete und dann die Haustür geschlossen wurde. Erst dann erlaubte sie es sich, die Anspannung aus ihrem schmerzenden Körper entweichen zu lassen und sie sank zurück auf ihr Bett, vollkommen entkräftet.

 

    Er hatte Recht. Sie war allein zu schwach und obwohl sie sich selbst das eingestehen konnte, war es etwas vollkommen anderes auch um Hilfe zu bitten. Nein, entschied sie mit geballten Fäusten, sie würde sicher nicht aufgeben, nicht jetzt. Vielleicht würde sie sich später bei Anders entschuldigen, aber nur vielleicht…

 

    Tess schüttelte hastig den Kopf, um ihn wieder freizubekommen, obwohl sie wusste, dass es vergebens war. Also musste sie etwas anderes finden und erinnerte sich mit einem bitteren Lächeln an etwas, das ihr Vater sie gelehrt hatte. Nachdem sie sich von ihm verabschiedet hatten, war ihr klargeworden, dass sie eines Tages auch Leandra würde gehen lassen müssen, doch Tess hatte nicht gedacht, dass dieser Tag so früh und so jäh über sie kommen würde.

 

    Die Tränen niederringend formte sie eine Schale mit ihren Händen und beschwor einen Feuerball, der über ihnen schwebte. Sie fühlte die Hitze, hörte das tosende Fauchen, obwohl es nur ein kleiner Ball war, und fühlte die ihm innewohnende Macht, ihre Macht, die in Wellen von dem flammenden Gebilde ausstrahlte. Wie immer klärten sich ihre Gedanken, als sie ins Feuer sah, obwohl ihr der Grund bis heute schleierhaft war.

 

    Fast schon zärtlich umfing Tess den kleinen Feuerball, ließ ihn anschwellen und wieder schrumpfen, während sie nachdachte. Sie musste wieder hinaus, denn diese Stadt war ohnehin schon ein Pulverfass mit all den Qunari hier und wenn sie helfen konnte, würde sie es tun. Sie musste mit ihren Freunden reden. Bisher hatte Bodahn alle fortgeschickt, aber Anders‘ Besuch hatte ihr umissverständlich gezeigt, dass sie nicht länger so weitermachen konnte. Sie musste sich auch entschuldigen. Und sie musste zu Carver, obwohl ihr davor graute ihn zu besuchen. Nicht etwa weil der blöde Idiot in den Gallows stationiert war, diese dämlichen Templer konnten ihr nichts. Aber obwohl sie ihren kleinen Bruder schon sein Leben lang für einen Schwächling gehalten hatte, war sie vor Schrecken erbleicht, als sie ihn um Mutter hatte weinen sehen.

 

    Sie musste weitermachen. Aber wie? Sie hatte nicht die Kraft dafür…

 

    Erschrocken sah Tess hoch, als sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer ein weiteres Mal gehen hörte und der Feuerball verpuffte in ihren Händen, als sie verblüfft zu ihrem Besucher starrte. Fenris…

 

    Da stand allen Ernstes Fenris in ihrer Tür und schloss diese nun leise hinter sich, ehe er sie musterte, sein Blick fest in ihre Augen gerichtet.

 

    „Was willst du hier?“, wisperte Tess matt, obwohl es ein wütendes Fauchen hätte sein sollen. Der Elf erwiderte nichts, sondern starrte sie weiterhin aus seinen tiefgrünen Augen an, sodass sein Blick ihr einen Schauder über ihren Rücken jagte. Ohne ein Wort trat er langsamen Schrittes zu ihr, tatsächlich vorsichtig und mit der ruhigen Eleganz, die ihm innewohnte. An jedem anderen Tag hätte Tess ihn fasziniert angesehen und sofort Hitze verspürt, aber im Moment fühlte sie bloß Zorn. Sie wollte allein sein.

 

    „Geh!“, knallte sie ihm an den Kopf, aber Fenris schüttelte bloß stumm den Kopf und kam zu ihr. Als er seine Hand nach ihr ausstreckte, fielen Tess zwei Dinge auf. Erstens, er trug seine Handschuhe nicht, sondern sie baumelten von seinem Gürtel. Zweitens, in seinen Augen lag keine Wut, wie sonst, wenn sie beide allein waren. Was zum…?

 

    Tess spürte bereits die Wärme, die von seiner Hand ausging, als sich ein alter Instinkt Bahn brach. Sie wich einen Schritt zurück und schleuderte Fenris gleichzeitig einen Schlag gegen seinen Geist entgegen.

 

    Er atmete harsch durch, ließ sich aber nichts anmerken, abgesehen davon, dass seine Lyrium-Symbole für einen Moment flackerten. Gerade, als Tess begriff, dass sein Lyrium ihre Magie absorbiert und ihn damit geschützt haben musste, schlossen sich Fenris‘ warme Finger fest um ihre Handgelenke.

 

    Überrascht starrte sie ihn an, als der Elf sie ohne ein weiteres Wort an seine Brust zog.

 

    Vollkommen erstarrt stand sie da und spürte, wie sich warme, kräftige Finger in ihren Nacken schoben und gleichzeitig seine andere Hand über ihren Rücken strich. Fassungslos wartete Tess ab, allerdings sprach Fenris nicht. Als er es doch tat, waren es Worte, die sie nicht zur Gänze verstand, denn er hatte sie an ihrem Ohr gehaucht und noch dazu in Arcanum. Von dem Bisschen, das ihr Vater Malcolm sie gelehrt hatte, konnte sie in Fenris‘ Murmeln nur wenige Worte ausmachen, nämlich „ruhig“ und „da“.

 

    Seine Hand auf ihrem Rücken wanderte zu ihrer Hüfte und drückte Tess vorsichtig auf ihr Bett, bis sie nebeneinander darauf saßen, dann wurde sie wieder an Fenris‘ Brust gezogen, wortlos. Er sprach nicht, ließ seine Finger nur durch ihr Haar und über ihren Nacken gleiten, während er sie gleichzeitig festhielt.

 

    Ihr Gesicht an seinem Hals verborgen, kamen die Tränen, die sie sich seit Tagen versagt hatte. Sie kamen schnell und heftig, schüttelten Tess in verkrampftem Schluchzen, das nicht enden wollte und so klammerte sie sich haltsuchend an Fenris, der seine Umarmung kommentarlos fester zog. Die Haut seines Halses war bereits nass von ihren Tränen, dennoch konnte Tess seinen typischen Geruch wahrnehmen, herb und dunkel und so verrückt es war, diese Nähe, sein Duft beruhigten sie langsam.

 

    Wie lang Fenris sie einfach schweigend gehalten hatte, während sie sich die Augen aus dem Kopf geweint hatte, wusste Tess nicht zu sagen, aber als sie sich beschämt zurückzog, lockerte er seine Arme um sie, ließ sie aber erst gehen, nachdem er einen weichen Kuss auf ihren Kopf gehaucht hatte. Was zum…?

 

    Diese Frage stellte Tess sich, sprach sie allerdings nicht aus, sondern wich langsam von Fenris zurück, der sie mit einem ungekannt weichen Blick musterte. Er nickte ihr knapp zu, dann erhob er sich und schickte sich allen Ernstes an, das Zimmer zu verlassen, einfach so!

 

    „Warte!“, rief Tess ihm harsch nach und er verharrte mitten in der Bewegung, ehe er sich langsam zu ihr umdrehte, „Was beim Erzdämon war das?“

 

    Hastig wischte sie die feuchten, klebrigen Spuren der Tränen fort und funkelte Fenris wütend an, der langsam seine Schultern hob und dann ruhig erklärte: „Es gibt nichts, das ich dir hätte sagen können. Deine Mutter war eine bewundernswerte Frau, aber das weißt du selbst am besten. In einem solchen Moment sind Worte bedeutungslos. Berührungen aber nicht.“

 

    Tess fiel die Kinnlade herab, was Fenris ein mattes Lächeln entlockte, ehe er zu ihrer grenzenlosen Verblüffung anfügte: „Eine Lektion, Hawke, die du mich gelehrt hast.“

 

    Blinzelnd starrte sie den Elfen an, der daraufhin grüßend den Kopf neigte und ihr Zimmer verließ. Viel zu perplex um ihn ein weiteres Mal zurückzuhalten, stand Tess einfach nur da und starrte in den Türrahmen, denn er hatte die Tür nicht hinter sich geschlossen. Sie starrte immer noch auf den Fleck, wo Fenris eben noch gestanden hatte, als er schon längst das Anwesen verlassen hatte.

 

    Langsam bemerkte sie, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich. Es ging ihr immer noch fürchterlich, aber sie hatte neuen Mut gefasst, ausgerechnet in den Armen dieses mürrischen, unnahbaren Elfen.

 

    Entschlossen nickte sie und wusch sich ihr Gesicht, um die Tränen loszuwerden, ein für allemal. Tess nahm ihren Stab auf und verließ ihr Zimmer, wobei sie rief: „Bodahn!“

 

    „Ja, Messere?“, fragte der Zwerg emsig und schaute aus großen Augen zu ihr hoch, ein vorsichtiges Lächeln auf seinem Gesicht, das breiter wurde, als sie antwortete: „Ich werde am Abend zurück sein, jetzt allerdings muss ich sehen, was ich verpasst habe. Welche Nachrichten sind eingetroffen?“

 

    „Ein ganzer Stapel.“, erwiderte der Zwerg nickend und reichte ihr einen Brief, den sie seufzend entgegennahm, als er erklärte, „Diesen hier hat Meister Anders zurückgelassen mit der dringenden Bitte, ihn zu lesen.“

 

    Tess schnaubte, denn das würde sie sicher nicht tun, auch, wenn sie sich heute noch bei ihm entschuldigen würde.

 

    „Er sagte, es ginge darin um Magier.“, flüsterte Bodahn ihr zu und sofort faltete sie das Pergament auseinander und überflog die Zeilen. Eine junge Magierin, die von Templern und Kopfgeldjägern gleichermaßen an der Wounded Coast gejagt wurde. Nun, das konnte Tess sicher nicht auf sich sitzen lassen…

Weiter geht's. Das wollten sie unbedingt heute in einem Rutsch niedergeschrieben haben.

Meine liebe Freundin *magicdrusilla hat einen tollen oneshot geschrieben, der sich kurz nach den Ereignissen dieses Kapitels abspielt.
Er ist etwas für die Anders-Mädchen unter uns, wie auch ich eines bin. Absolut gut geworden: [link]
Danke! :hug:

Part 3: [link]
Part 5: [link]
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Comments51
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magicdrusilla's avatar
Danke dir :tighthug:
Du bist die Beste